Brandschutz:
60 Einsatzkräfte der aller Lindenfelser Feuerwehren rückten aus zu einer Alarmübung in Schlierbach
Schlierbach.
Plötzlich heulten die Sirenen in
Schlierbach und zeitgleich regten sich die Melder der Feuerwehrkameraden
aus dem Ort, aus Winkel und aus Lindenfels Mitte. Sieben Minuten später
wurden gemäß dem Alarmplan die Mitglieder Freiwilligen Feuerwehren aus
Eulsbach, Glattbach, Seidenbuch, Kolmbach und Winterkasten aus ihrer
abendlichen Ruhe gerissen.
"Ich komme von einem 50. Geburtstag und musste jetzt auf mein Abendessen verzichten", erzählte einer der Brandschützer. Es war nur ein Beispiel, was es bedeutet, wenn ohne vorherige Ankündigung ein Einsatz bei der Feuerwehr ansteht.
Explosion einer Gasflasche
Die Schlierbacher rückten als erstes am Rohbau von Markus Gesell an, ihr Wehrführer Oliver Wolf stand als Nachbar nicht für den Einsatz zur Verfügung - er hatte ihn mit dem stellvertretenden Stadtbrandinspektor Jürgen Bitsch vorbereitet. So oblag diese Aufgabe dem stellvertretenden Wehrführer Marcel Vatter, der mit seinen Kameraden als erstes vor Ort war.
Die für die Brandschützer ungeplante Übung hatte es in sich. Das Objekt lag am Ende einer schmalen, schwer zugänglichen Straße. Schon die Koordination der Feuerwehrfahrzeuge war nicht einfach zu bewältigen, zumal die später nachrückenden Wehren die Aufgabe bekamen, vom Bach aus eine Wasserleitung hinauf zum letzten Gebäude in der Waldstraße aufzubauen. Wer in die Straße hineinfuhr, hatte es nicht leicht, wieder herauszukommen.
Eine gespenstische Szenerie zeigte sich vom Hof des Anwesens. Im dichten Nieselregen rissen die blauen Lichtsignale der Feuerwehrautos immer wieder Lichtblitze in den Nebel. Aus dem Gebäude drangen dichte Rauchschwaden - die Nebelmaschine hatte gute Arbeit geleistet - und von drinnen waren Hilferufe zu vernehmen.
Für Einsatzleiter Marcel Vatter war es die erste Aufgabe dieser Art. Für ihn war das oberste Gebot, sich um die vermissten Personen zu kümmern. Einsatzkräfte rüsteten sich mit Atemschutz aus, bereiteten eine Schlauchleitung vor und krochen dann auf allen Vieren in das völlig vernebelte Gebäude.
Derweil waren die Kollegen aus Winterkasten angekommen, die schnell eine Steckleiter zusammenbauten und an das Balkongeländer stellten. Atemschutzgeräteträger klettern nun fast drei Meter in die Höhe, um von oben nach den Vermissten zu suchen.
Unterstützung kam nun mit dem Drehleiterfahrzeug der Lindenfelser Wehr - auch das musste durch die enge Straße und an den andern Feuerwehrfahrzeugen vorbei. Mit Eintreffen der Lindenfelser Wehr hatte Marcel Vadder die Einsatzleitung an den stellvertretenden Wehrführer von Lindenfels, Michael Höbel, übergeben.
Suche mit Wärmebildkamera
Nach und nach wurden die Vermissten geborgen - nur eine Person ließ sich nicht finden. Die Winterkäster Wehr setzt eine Wärmebildkamera ein. Doch auch diese Aktion war vergebens. Und dann kam noch die Meldung aus den Mikrophonen: "Wir haben eine weitere Gasflasche gefunden, die ist aber kühl, was sollen wir tun?"
Die Antwort vom Einsatzleiter kam prompt: "Die Personensuche hat Vorrang!" Erst als der Entlüfter eingesetzt wurde und sich die Nebelschwaden im Haus lichteten, entdecken die Einsatzkräfte den Verletzten munter und vergnügt auf einem Stuhl "ganz hinten rechts in der Ecke" sitzend. Bei einem wirklichen Einsatz läge er bestimmt schon am Boden und wäre dann auch leichter zu finden gewesen.
Mit dem Auffinden der letzten Person war die Übung beendet. Vom Bach her war mit Schläuchen eine lange Wegstrecke aufgebaut worden. Im Ernstfall hätten auch die Hydranten genutzt werden können, die befinden sich allerdings mal in der Mitte der Straße und mal etwas mehr am Rand. "Wäre wir daran gegangen, hätte kein Einsatzfahrzeug mehr zum Objekt vorfahren können", stellte Wehrführer Oliver Wolf in der anschließenden Abschlussbesprechung klar.
(Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 17.10.2015)